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Letzte Instanz 2015
       Zur Kirche geht man nicht, um gescholten zu werden -
       sondern um die Schelte loszuwerden.        Walter Fürst


Nürnberg, Lux Kirche 02.10.2015


Mehr als 7 Jahre ist die erste Kirchentour her, ein wirklich guter Grund für die Letzte Instanz nun Teil 2 zu starten. Ein Geschenk für die Fans, war das, was in der Nürnberger Jugendkirche geboten wurde allemal. Ein echter Augen und Ohrenschmaus, Musik für alle Sinne in einer ziemlich ungewohnten Location sozusagen. Zugegeben ist die Lux-Kirche zwar nicht das typischste Kirchengebäude Deutschlands und schon gar nicht das repräsentativste, aber doch eine perfekte Location für diesem Abend. Respekt an den Pfarrer der Lux Kirche, der sich als schlauer Luchs erwies und einen Auftritt, wie auch viele andere Pfarrer auf der Tour möglich machte, indem sie die heiligen Hallen für etwas so weltliches, wie ein Akustikkonzert zur Verfügung stellten. Man tut gut daran, Posts auf Facebook wie „ hätte auch nicht gedacht, dass ich einmal eine Kirche betrete“ zeugen davon, dass die Kirche seine Schäfchen damit vielleicht leichter erreicht und die Schäfchen merken, dass das gar nicht weh tut, eine Kirche zu betreten, geschweige denn, dass man urplötzlich zu Staub zerfällt. Eine Win- Win Situation sozusagen, die man in München leider nicht erkannt hat. Denn da muss die Band mangels Kirche ins Backstage ausweichen. Ob es an dem Song „Dein Gott“ lag, der mit der Textzeile „Ich bin dein Gott, dein Racheengel“, den es übrigens im Set nicht gab, oder am Bandnamen Letzte Instanz, den die Kirche ja für sich in Beschlag nimmt ganz nach der Devise -es gibt nur eine letzte Instanz und die singt nicht-  ist schwer zu sagen. Fakt ist sowas muss man locker aushalten und man hat definitiv einmal mehr in München eine Chance vertan, gerade einmal auch Nichtkirchenbesucher und ein junges Publikum zu erreichen. Aber damit tut man sich in Kirchenkreisen ja traditionell schwer. Schön, dass es auch modernere Kirchenvertreter gibt, die aus anderem Holz geschnitzt sind, wie z.B. in Nürnberg, davon zeugt übrigens auch ein Konzertplakat für eine Veranstaltung mit Mono Inc. im Voyeur und für die Eisheilige Nacht im Saal. Keine Angst also vor dem fast nur in schwarz gekleideten Publikum, eine Farbe die der Kirche ja eigentlich alles andere als fremd ist.
Bevor Holly (Ex Loose jetzt) Hoffmann und seine Truppe loslegte gab es ein überraschendes Vorprogramm. Frau Schmitt, ihres Zeichens Geigenengel bei Subway to Sally supportete natürlich mit Geige und dem trommelnden Ehemann im Schlepp die Letzte Instanz und gab dem aufmerksam lauschenden Publikum Gelegenheit der „Schmittschen Hausmusik“ beizuwohnen. Eine spannende Kombination  Geige und Schlagzeug, Instrumentals die vom Klang nur mit Geige und Schlagzeug instrumentiert, so eigen und ungewöhnlich sind, dass man sich schwer tut das genremäßig irgendwo einzuordnen.
Glückwunsch den beiden, zu klingen wie sonst niemand ist schon mal eine tolle Basis für die Zukunft.
Als Abschluss gab es dann 2 Geigenstücke, vorgetragen zusammen mit Ally the Fiddle. Zwei Geigen,  zwei großartige Violinistinnen und zwei gute Freundinnen sorgten für einen sehr klassischer Abschluss des musikalischen Vorprogramms, dass bestimmt nicht jedem zusagte, aber vielleicht auch jene neugierig machte, was daraus noch spannendes entstehen kann, zum Beispiel wenn man sich aus der reinen Instrumentalschiene in Richtung Gesang weiterentwickelt. Der Auftritt in Nürnberg war auf alle Fälle ein überzeugender Anfang und das bei einer, privat bedingt, ziemlich schwierigen Vorbereitung im Vorfeld der Tour.
Ewig ist also die erste Kirchentour unter dem Titel das weiße Lied her, was liegt da näher, als dass die Brachialromantiker Teil 2 unter dem vielversprechenden Titel Letzte Instanz –brachial leise mit dem Song Ewig beginnen, während Sänger Holly durchs Publikum schreitend sofort die volle Aufmerksamkeit der ausverkauften Kirche auf sich vereint. Was dann folgte war wirklich großes Kino, ein Werbung für Live Musik mit Gänsehautfaktor, beste Werbung für großartige Lichtinstallationen (Chapeau Andraj Sonnenkalb) die Konzerte um so viel schöner machen und ein eindrucksvoller Beweis, dass Live Musik ohne Ohrstöpsel die schönste Art ist, sie zu genießen.
Und es war ein Abend voller Überraschungen, weniger das musikalische Können der Gäste Frau Schmitt und Ally the Fiddle, die zusammen mit Benni Cellini und M- Stolz ein fantastisches Streichquartett abgaben, ihre Qualitäten sind hinreichend bekannt. Überraschender da schon Geheimtipp Lisa Morgenstern am Piano , die die Songs auch sehr überzeugend stimmlich unterstützte und aufwertete. Der Mund blieb vielen dann aber so richtig offen stehen, als ihr beim Song „Burry Me“ die Bühne alleine gehörte, man erstaunt war , wie rau und kräftig das zarte Wesen loslegt und mit ihrem großartigen Song bleibenden Eindruck hinterließ. Oder das neue Bandgesicht an Percussions und Drums Andy Horst, der sich musikalisch als wahrer Glücksgriff entpuppte. Der Nürnberger hatte bei seinem Heimspiel sichtbar Spaß, der Diplommusiker, Diplommusiklehrer und Dozent an der Deutschen Pop Akademie ist eine echte Bereicherung für die Band. Die größte Überraschung bot allerdings die Setlist selbst  in der sich  auch Neues wiederfand. Erweist sich der eine neue Song ohne jetzt zu viel zu verraten als typischer Instanz Song mit Brüchen, Rhythmus und Tempowechseln, wie man das von der Band gewohnt ist,  was dazu führt, dass man die Songs öfter hören muss, bis sie sich so richtig entfalten, so ist in Deine Augen mit Duettpartnerin Lisa Morgenstern extrem eingängig und einer der absoluten Höhepunkte des Abends.
Selbstverständlich gab es auch Kracher wie „Wir sind allein“, „Mein Todestag“, und „Von Anfang an in der Setlist“, die sich als sehr kurzweilig erwies. Auch wenn der eine oder andere Besucher sich sicher ganz andere Songs gewünscht hätte. Mit Sandmann endete passend ein denkwürdiger Abend. Getragen von einem aufmerksamen und begeisterten Publikum, das es zum Schluss größtenteils nicht mehr auf die Sitze hielt, hatte daran bis auf einen gesundheitlich angeschlagenen M Stolz , auch alle beteiligten Musiker sichtbar großen Spaß. Der heilt aber glücklicherweise tapfer durch.  Abgerundete wurde der Konzertabend danach für alle die wollten bei einen Gläschen im Vorraum der Kirche oder einem Foto mit den beteiligten Musikern, die sich einmal mehr als wohltuend fannah und normal präsentierten. Zwei Verlierer gab es an diesem Abend dann aber doch, das ist zum einen MTV, die bis heute nicht geschnallt haben, dass ihnen ein Letzte Instanz MTV Unplugged in ihrer Reihe definitiv fehlt. Und zum anderen das Publikum, das liebend gerne das Gehörte zum nochmaligen und nochmaligen Hören mit nach Hause genommen hätte, aber leider gab es davon weder einen USB Stick zu kaufen, noch ist eine Live CD geplant. Wirklich ein Jammer. Aber vielleicht lässt man sich ja wenigstens zu einem kaufbaren MP3 Mitschnitt hinreißen. Zu wünschen wäre es, dafür ist die Tour musikalisch viel zu schön, als dass man es nicht als Tondokument für die Ewigkeit erhält.
 



















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